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Die Binsenflut

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von Felicitas Wilke und Theresa Moebus.

„Frankfurt Undercover” rettet doch nicht die Welt. Stattdessen gibt es Phrasen, abgedroschene Weisheiten und symbolische Forderungen. Die Moderatorin der Veranstaltung, Janne Teller, fand das Ganze trotzdem „inspirierend” und „revolutionär” – und das glaubt man ihr auch.

Es wäre zu schön gewesen: Dreimal für je zwei Stunden im Stuhlkreis treffen, über Toleranz diskutieren, Ideen aufschreiben und schon hätte man das geschafft, woran bisher vor allem die Politik gescheitert ist: einen Weg zu finden, wie man Extremismus eindämmen kann. Die Moderatorin Janne Teller wollte gemeinsam mit Autoren aus aller Welt „in längeren Zeitspannen denken als Politiker” und neue Ansätze finden. Es blieb bei dem Versuch.

Janne Teller stellte am Freitag die Ergebnisse von „Frankfurt Undercover” vor.

Vielleicht ahnten ja einige der Autoren schon, dass das Ziel zu hoch gesteckt war: Von den angekündigten 28 Autoren nahmen nur rund 20 tatsächlich an dem Projekt teil. Diejenigen, die dabei waren, stellten bei einer Pressekonferenz die Ergebnisse vor – die nach so kurzer Zeit unvermeidlich nur ein Kratzen an der Oberfläche sein konnten.

Denn das Ergebnis bestand zu großen Teilen aus Sätzen, die unvermeidlich fallen, wenn sich Menschen über Toleranz unterhalten – sei es bei einem Gläschen Wein mit Freunden oder im Sozialkunde-Unterricht in der neunten Klasse:

- Leben und leben lassen.

- Multikulturalität funktioniert dort, wo Pluralität gelebt wird.

- Warum gibt es eigentlich so viele Verteidigungsminister auf der Welt – aber keine Friedensminister?

- Für jeden Dollar, den wir für Krieg ausgeben, sollte ein weiterer Dollar für Frieden ausgegeben werden.

- Moderne Sklaverei muss gestoppt werden.

- Die Demokratie gehört den Bürgern, nicht den Politikern.

Ideen zu den konkreten, drängenden Fragen gibt es nicht. Kaum ein Wort zum erstarkenden Nationalismus in Europa, zum Ukraine-Konflikt und zur Terrororganisation ISIS. Im Gegenteil: „Das Thema ISIS ist zu komplex, um es in so kurzer Zeit zu diskutieren. Wir haben hier keine magischen Ideen”, sagte Janne Teller. Das ist zwar auch eine Phrase, aber zum ersten Mal eine realistische Einschätzung.

Autoren

Etwa 20 Autoren diskutierten bei dem Projekt über Extremismus in der Welt.

Janne Teller sieht die Ideen, die online und voraussichtlich als Print-Version kostenlos veröffentlicht werden sollen, als Geschenk an die Öffentlichkeit. Man glaubt ihr, dass sie das wirklich so sieht. Man glaubt ihr auch, dass die Diskussion inspirierend war. Aber die Ergebnisse sind alles andere als revolutionär.

Es ist gut, dass über Extremismus gesprochen wird. Jeder sollte das tun – dazu ruft Janne Teller am Ende der Pressekonferenz auch auf. Aber dazu braucht es weder die Ankündigung der einzig wahren Erkenntnis noch die Überzeugung, dass Schriftsteller auf alles eine Antwort haben müssen.

 

Ein Interview mit Janne Teller zu „Frankfurt Undercover” gibt es hier.

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